| Veranstaltung: | Vollversammlung LJR NRW 2025 |
|---|---|
| Status: | Beschluss |
| Beschlossen am: | 22.11.2025 |
| Antragshistorie: | Version 3 |
Unsere Zukunft gestalten wir selbst – nie wieder Zwangsdienst!
Diese Tabelle beschreibt den Status, die Antragstellerin und verschiedene Rahmendaten zum Antrag
Beschlusstext
Freiwilliges, werteorientiertes Engagement, Partizipation und demokratische
Bildung sind die Grundlagen für Sicherheit, Frieden und Zusammenhalt in unserer
Gesellschaft. Ein Pflichtdienst widerspricht diesem Prinzip. Davon sind wir
Jugendverbände in Nordrhein-Westfalen überzeugt. Daher schließt sich der
Landesjugendring der Kritik[1] des Deutschen Bundesjugendrings an:
- Alle unfreiwilligen Bereitschaftserklärungen, Musterungen und
Einberufungsermächtigungen lehnen wir ab.Ein allgemeiner Pflichtdienst –
unabhängig davon, ob im militärischen oder im zivilen Bereich – steht im
Widerspruch zu unseren Grund- und Freiheitsrechten und zur Idee von
selbstbestimmten Bürger_innen. Ein Pflichtdienst würde die persönliche
Freiheit junger Menschen beschneiden und freiwilliges Engagement
verhindern.
- Wir kritisieren, dass drastische Eingriffe in Lebensplanung und
Freiheitsrechte über die Köpfe derjenigen hinweg getroffen werden, die
unmittelbar betroffen sind.
- Wir erwarten eine offene gesellschaftliche Diskussion, in der junge
Menschen als Expert*innen ihrer eigenen Lebenswelt beteiligt werden.
Politische Beteiligung ist eine Grundlage unserer demokratischen
Zivilgesellschaft und Voraussetzung für legitime Entscheidungsprozesse.
Jugendverbände müssen als wichtige Orte demokratischer Bildung und
Friedenserziehung gestärkt und aktiv in politische Entscheidungsprozesse
eingebunden werden. Dafür braucht es wirksame Beteiligungsformate, die
Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen echte Mitgestaltung
ermöglichen. Den bisherigen Verlauf der Debatte halten wir für verfehlt.
- Wir kritisieren das adultistische Narrativ, dass junge Menschen etwas
zurückgeben müssen. Es widerspricht dem Grundsatz der Solidarität in der
politischen Debatte, ausschließlich junge Menschen ab 18 Jahren zur
Verantwortung zu ziehen, um gesellschaftliche Missstände auszugleichen.
Es ist schon jetzt klar, dass die Wehrpflicht junge Menschen der Gefahr
eines militärischen Einsatzes aussetzt, während junge Menschen immer
wieder von der Politik verschleppte Probleme – wie die Existenz von Armut
oder unzureichendes Eingreifen in den Klimawandel – ausbaden
müssen.Künftige politische Entscheidungen müssen sich konsequent an dem
Prinzip der Generationengerechtigkeit orientieren.
- Wir kritisieren den oberflächlichen Begriff von Freiwilligkeit in der
Debatte. Echte Freiwilligkeit würde eine gleichwertige Förderung
zivilgesellschaftlichen Engagements ohne Bevorzugung des Wehrdienstes und
die verbindliche Beteiligung junger Menschen an allen Entscheidungen, die
ihre Lebensrealität betreffen, voraussetzen.
- Ein Pflichtdienst ist keine Lösung für die Zukunft. Es braucht
Perspektiven für junge Menschen, begonnen bei echten Zugängen zu
Freiwilligendiensten, bezahlbarem Wohnraum sowie attraktiven Arbeits- und
Ausbildungsbedingungen durch Mitbestimmung und Tarifbindung.
- Die für die Stärkung der Bundeswehr geplanten Ressourcen dürfen
die eingeschränkten Perspektiven von Kindern und Jugendlichen in NRW,
wovon ca. 20% in Armut leben, nicht noch weiter verschärfen. Ganz im
Gegenteil braucht es Investitionen in eine starke Zivilgesellschaft und
Sicherheit nach innen: durch Bildung, soziale Absicherung und
gesellschaftlichen Zusammenhalt, nicht durch Aufrüstung und militärische
Logik. Die Jugendhilfe hat nach dem Gesetz die Pflicht, Benachteiligungen
abzubauen und gleiche Chancen für alle zu schaffen (§ 9 Nr. 2 SGB VIII)
- Psychologische und sozialpädagogische Begleitangebote müssen fester
Bestandteil sowohl ziviler als auch militärischer Dienste sein. Bestehende
Anlaufstellen und Trägerstrukturen sind dafür gezielt zu stärken und
bedarfsgerecht auszubauen. Zudem bedarf es diskriminierungs- und
rassismussensibler Rahmenbedingungen sowie wirksamer Präventions- und
Schutzkonzepte gegen sexualisierte Gewalt.
Wir fordern von den NRW-Bundestagsabgeordneten und den NRW- Landtagsabgeordneten
sich für folgende Punkte einzusetzen:
- die Streichung der verpflichtenden Erfassungs- und Musterungsregelungen
(§§ 15a, 17, 2a WPflG-E).
- die Streichung der geplanten Verordnungsermächtigung zur Einberufung im
Frieden (§ 2a WPflG-E) und die vollumfängliche Wahrung eines
Verweigerungsrechts.
- die Vermeidung jeder gesetzlichen Konstruktion, die faktischen Druck zur
Entscheidung für den Wehrdienst erzeugt – insbesondere gegenüber sozial
benachteiligten Gruppen (§ 58c SG-E).
- die verbindliche, frühzeitige und dauerhafte Einbindung junger Menschen in
alle politischen Vorhaben, die ihre Lebensrealitäten unmittelbar
betreffen.
- die Förderung freiwilligen zivilgesellschaftlichen Engagements,
insbesondere den Ausbau und die angemessene finazielle Förderung der
bestehenden Jugendfreiwilligendienste, unter fairen Bedingungen und ein
Ende der strukturellen Bevorzugung des Wehrdienstes. Wir fordern einen
Rechtsanspruch auf Freiwilligendienste.
- die Aufklärung junger Menschen über die Realität von Krieg und Wehrdienst
und ein Ende der Verharmlosung und Gamification in der Bundeswehrwerbung.
Wir kritisieren darüber hinaus:
- Insbesondere Werbung für die Bundeswehr, die sich direkt an Kinder
richtet, wie etwa Spiel- und Fotoaktionen der Bundeswehr am NRW-Tag 2024
oder der Gamescom, finden wir falsch. Deutschland und damit das Land NRW
muss sich an die Kinderrechtekonvention halten und darf keine
Minderjährigen anwerben.Schulen müssen Orte der Bildung, nicht der
Rekrutierung sein. Jugendarbeit soll junge Menschen zur Selbstbestimmung
und gesellschaftlicher Mitverantwortung befähigen (§ 11 Abs. 1 SGB VIII).
Die Landesjugendring Vollversammlung beauftragt den Hauptausschuss, Maßnahmen
zur Umsetzung des Antrags und zur Weiterbeschäftigung mit dem Thema entwickeln.
